Baumgartner Höhe in Wien – Psychiatrie- und Lungenheilstäte, prächtige Jugendstillkirche von Otto Wagner
Die Geschichte des Areals auf der Baumgartner Höhe, auch Heil- und Pflegeanstalten am Steinhof genannt und heute das Otto-Wagner-Areal, beginnt Anfang des 20 Jahrhunderts.
Die Niederösterreichische Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke Am Steinhof öffnete im Jahr 1907. Die Anlage war geplant im Sinne des Jugendstils von Carlo von Boog und überarbeitet von Otto Wagner, dem führenden Wiener Architekten der Zeit. Damals war sie eine der modernsten und auch größten solcher Anstalten in Europa. Langjähriger Direktor der Anstalt war Julius Wagner-Jauregg (Nobelpreis für Medizin 1927 für die Behandlung der progressiven Paralyse).
Eine der schönsten Bauten auf dem Areal und bester Beispiel für den Wiener Jugendstil ist die Kirche Hl. Leopold nach Plänen von Otto Wagner. Der Architekt nahm Rücksicht auf die psychisch kranken Patienten. Die Kanten der Bänke sind rund, aus hygienischen Gründen tropft was Wasser im Weihwasserbecken und der Boden ist mit Wasserablaufrinnen versehen. Mehrere Künstler haben an der Gestaltung des Gesamtkunstwerks mitgewirkt: Die Figuren der Hl. Leopold und Hl. Severin auf den Glockentürmen sind von Richard Luksch; die vier Engelsfiguren mit gesenktem Haupt zum Kirchenplatz – von Othmar Schimkowitz; und die Glasmosaikfenster im Tiffany-Stil sind von Koloman Moser entworfen und von Leopold Forstner geschaffen.
Im Jahr 1923 unter Prof. Julius Tandler wurde der westliche Bereich des Areals in eine Lungenheilanstalt als völlig eigenständige Institution umgewandelt.
Eine der dunkelsten Zeiten der Anstalt war während der Zeit des Nationalsozialismus. Sie diente der Vernichtung lebensunwerten Lebens. Als erbkrank eingestuften Patienten wurden zwangssterilisiert; andere wurden in Vernichtungsanstalten abtransportiert und in Tötungsheime umgebracht. Auf diesem Areal fand auch die organisierte Tötung geistig und körperlich behinderter Kinder und Jugendlicher sowie solcher mit auffälligem Verhalten. Heute befindet sich hier für diese unschuldigen Opfer ein Mahnmal (Mahnmal für die Opfer am Spiegelgrund).
In den 1960er Jahre wurde aus der Lungenheilanstalt das Pulmologisches Zentrum und aus der Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke – das Psychiatrische Krankenhaus Baumgartner Höhe.
Im Jahr 2023 wurde der Gesamtkomplex im Otto-Wagner-Areal umbenannt. Die Klinik Penzing befindet sich im Westareal. Der restliche Komplex wird für Wissenschaft, Bildung, Soziales, Gesundheit, Kunst und Kultur genutzt und ist für die Öffentlichkeit zugänglich.